Laut schreien.

Selbstwirksamkeit. Eins meiner liebsten Konzepte geistert seit Tagen in meinem Kopf herum: Man sitzt in einer Seifenkiste, die unaufhörlich einen Abhang herunter rollt. Nun hat man folgende Möglichkeiten:

1. Augen zuhalten und Fötus-Stellung.

2. Zugucken, was alles passiert, vor Angst gelähmt.

3. Hoffen, dass jemand kommt, der die Dinge, die im Weg liegen, wegräumt oder gegen was Weiches tauscht.

4. Hoffen, das jemand kommt, der die Kiste lenkt-und zwar gut.

5. Selber lenken und hoffen, ab und zu die richtige Wahl zu treffen.

Ich denke, so ist es auch im Krieg. Die Ukraine wird angegriffen – nun rollt der Wagen. Was jetzt passiert, geschieht unweigerlich. Na gut, man müsste jetzt noch erwähnen, dass jedes Land in einer Kiste sitzt, unfreiwillig, und wenn man dem kleinen Jungen in der rollenden Karre ein Seil zuwerfen würde, dann könnte es passieren, dass man selbst anfängt zu rollen.

Gut, wir sitzen schön eingeklemmt zwischen dem Dürren mit der Brille, Polen, und dem Mädchen Frankreich, das heimlich kleine Steinchen um sich rum aus dem Wägelchen wirft um die Räder zu blockieren. Und wer hat überhaupt das Seil in den letzten Jahren mal gesehen? Da hat doch ein Eichhörnchen einen Kobel draus gebaut!

Ukraine, der Kleine, der so laut geschrien hat, als der zahnlückige halbstarke Russland ihm einen Stoß gegeben hat, greift also zu Nummer 5, selber lenken, da sein Anhängerchen Krim schon von Russland nachts abmontiert wurde, als alle schnarchten. Er weiß genau: nur laut schreien hilft, selber lenken und alles im Wagen fest tackern, damit Russland nicht seine eigene Schrottlaube damit pimpt.

Ja gut, der Vergleich hinkt, da ja beim Seifenkistenrennen eigentlich alle möglichst schnell im Ziel sein wollen, aber so ist es mir eben eingefallen.

Ich in meiner Seifenkiste bin mir einfach nicht sicher, ob rufen hilft. Aber für mich selbst ist es natürlich besser zu rufen, sonst will wieder niemand gesehen haben, wie ich losgepoltert bin. Diese Funktion übernimmt nun mein Blogg, yeah, das passt zu mir, ich lasse allen die Wahl, ob sie es „hören“ wollen oder nicht.

Das Steuer habe ich auch gefunden, es ist noch etwas verrostet, aber vorsichtig kann ich ein paar Zentimeter rausholen wenn ein guter Tag ist. So freue ich mich auf das Sofa, um die pinke „Bärbel“, die alte Tante, loszuwerden.

Ich möchte andere Leute nicht so gerne stören, zum Beispiel gebe ich entstandene Mängel in der Wohnung in sachlichem Ton an unseren Hausmeister weiter, in der Hoffnung, daß er eine Liste hat, auf die mein Anliegen kommt und die bei Gelegenheit abgearbeitet wird. Unser Hausmeister, der meint, wenn man nicht mehr als täglich nachfragt, hat sich ein Thema erledigt, bzw. ist nicht wichtig, hat mich eines Besseren belehrt.

So frage ich seit einem halben Jahr immer wieder nach, was mit unseren Thermostaten und dem Rinnsal (der „Kaltwasseranschluss“ im echten Leben heißt) ist, und wann da jemand kommt. Nachdem aber gestern der Gehilfsknilch vom Hausl zu uns kam, keine Thermostate dabei hatte und nochmal alles untersuchte, mit dem gleichen Ergebnis wie der Chef, nämlich, dass da Fachpersonal ran müsse, bin ich gegen meine eigene Art aufgestanden, hab den Oberhausmeister auf dem Spielplatz festgenagelt und ihm in freundlichem, aber tadelndem Ton erzählt, was ich davon halte, wenn jemand völlig unnötige Arbeit immer wiederholt und ob er das nicht lieber delegieren möchte, wenn ihm das zu viel sei.

Jetzt mal sehen, was passiert.

Der Wagen rollt, aber rausschreien, das lohnt sich! Da macht die Fahrt doch fast sogar ein bisschen Spaß.

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