Einfach lügen.

Kennt ihr „Mars Attacks“? Im Groben zusammengefasst: Raumschiffe landen auf der Erde, Aliens steigen aus und schießen auf die Menschen. Diese sind der Ansicht, dass es sich um ein Kommunikationsproblem handeln muss, und bauen einen Übersetzer. Tatsächlich rufen die Fremden „Wir kommen in Frieden!“ und ballern weiter. Die Menschen sind verwirrt, die Aliens lachen und machen einfach das Gegenteil von dem, was sie behaupten. Was für Trottel auf der Erde leben!

Genau so kommt mir Putins Strategie vor. Er behauptet, nichts Böses zu wollen, niemandem zu schaden Ich würde sagen, er lügt einfach, wie es ihm passt und wo es ihm gefällt, und der „Westen“ kann sich einfach nicht vorstellen, dass in der heutigen Zeit irgendwer damit durch kommt. Wir gehen davon aus, dass Frieden die beste Wahl ist, für uns alle. Oder geht das nur mir so? Denn wenn man davon ausgeht, dass jeder einfach erzählt, was ihm in den Kram passt, dann wird ein Miteinander schwierig.

Ich gehe also von folgenden Annahmen aus:

1. Jeder hat eine andere Realität, die er erlebt. Diese wird davon bestimmt, was er erlebt hat, welche (Grund-) Einstellung er hat und in welchem Umfeld er lebt. Sicherlich kann mittlerweile die „Blase“, die er zur Informationsbeschaffung nutzt, seine Realität mitbestimmen.

2. Nicht jeder hat das gleiche Bedürfnis, sich komplett an die Wahrheit zu halten, oder was wir dafür halten. Das wiederum beeinflusst, ob wir glauben, was Andere aussagen, da wir von uns auf Andere schließen. Wenn ich also Putin bin, der gerade vor hat, ein Land zu überfallen, dann kann ich mir das auch von allen anderen Ländern vorstellen und fühle mich automatisch bedroht.

3. Wenn man oft genug eine Lüge erzählt, hält man sie irgendwann für die Wahrheit.

Dazu möchte ich eine kleine Geschichte erzählen.

Wir haben seit einigen Jahren einen Camping-Stellplatz am See. Unsere Nachbarn dort sind einigermaßen egozentrisch und verbauten unseren gemeinsamen Wasseranschluss so, dass wir den Hahn zu unserer Parzelle zwar aufdrehen-, aber nichts darunter halten konnten. So erging es meinem Sohn, der seine Trinkflasche auffüllen wollte. Ich riet ihm, doch einfach den Wasserhahn des Nachbarn zu nehmen, da das Wasser nicht einzeln abgerechnet wird.

Ein riesiger Fehler, denn sofort sprang die Nachbarin herbei, und rief, ihre Anlage könnte dadurch zerstört werden, der Beuler platzen, sie würde jemanden kennen, bei dem das passiert sei. Also bitte nicht anfassen, und damit es keine weitere Verwechslung gäbe, klebte sie auf die Anschlüsse unsere Namen.

Letztendlich mussten sie einen neuen Verteiler kaufen und jeder hatte genug Platz für seinen Wasseranschluss.

Aber offenbar ärgerte sie sich, denn die Geschichte wurde nun sehr oft weiter erzählt, und schon bald wurde aus „könnte“ – „ist passiert“. Obwohl das zeitlich überhaupt nicht möglich war, öffnete unser Junge nun, laut Nachbarin, mutwillig den Hahn, dann wurde Winter, ihr Beuler explodierte, ein großer Schaden entstand und statt mich zu entschuldigen, bemängelte ich die fachlich hochtalentierten Leistungen ihres Mannes, der nun einen neuen Wasserverteiler einbauen musste. Nur weil wir zu faul seien, zum nächsten Waschhaus zu gehen um dort das Wasser zu holen.

Und auch wenn das so nie passiert ist, und auch die Voraussetzungen völlig andere waren, fühlen sich unsere Nachbarn im Recht, denn die Wahrheit ist für sie die, die sie erzählen. Vielleicht, weil keiner widerspricht oder weil es so schön ist, eine Geschichte mit einem dramatischen Ende zu erzählen, einen Sündenbock für alles zu haben, was im eigenen Leben schief läuft.

Habe ich da gerade meine Nachbarn mit Putin verglichen? Ich denke, man kann diese Idee auch auf Nachbarländer, Eltern der Klassenkameraden unserer Kinder, Geschwister, Schwiegereltern, Parteien, Geschäftspartner usw anwenden. Je näher diese Menschen uns sind, um so mehr.

Warum wir dann trotzdem noch miteinander reden bleibt mir ein Rätsel. Vielleicht wegen der Menschen, die sich an die Wahrheitsregeln halten.

Auch diese schließen von sich auf andere, aber im Positiven. Sie hören zu, wenn wir sprechen, gehen davon aus, dass ein Fehler bestimmt nicht böse gemeint war, lachen mit uns und haben ein viel unbeschwerteres Leben.

Außer eben, wenn da jemand kommt, mit der Wumme wild um sich ballert und dabei schreit: „ich komme in Frieden!“.

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