Gutes von Putin

Anderen etwas Gutes tun. Das ist wirklich ein schöner Gedanke. Doch manchmal ist es auch gar nicht so einfach. Ob Putin wirklich denkt, daß er der Ukraine etwas Gutes tut, wenn er die Menschen dort „befreit“? Ob es eine gute Idee ist, jungen Müttern ungefragt viele gut gemeinte Ratschläge zu geben? Leuten zu helfen, sich gesünder zu ernähren, in dem man ihnen bestimmte Gerichte verbietet ist sicher auch gut gemeint, doch wenig hilfreich. Die Frage ist also nicht nur, ob ich willens bin, etwas Gutes zu tun, sondern auch, ob überhaupt Handlungsbedarf besteht, ob es der richtige Weg ist und ob es auch ankommt.

Ein Beispiel: Auf der Straße sitzt eine Bettlerin. Sie grüßt freundlich, ich grüße zurück. Sie hält die Hände auf, will etwas Kleingeld. Sofort fangen die Rädchen in meinem Kopf an, sich zu drehen. Stecken hinter den Bettlern nicht organisierte Banden, die das Geld dann sowieso einsammeln und die Frau hat gar nichts davon? Wenn ich ihr etwas gebe, denn stellen „die“ einfach an die nächste Ecke noch jemanden, der auch noch etwas will? Gibt es nicht sogar Fälle, in denen extra Menschen verstümmelt werden, damit sie Mitleid erregender aussehen um mehr einzunehmen? Sicherlich kann dieses Frau da allerdings nichts dafür. Ich muss an meine Mama denken, die Menschen immer Brote geschmiert hat und durchs Küchenfenster gereicht, damit die Hilfe direkt ankommt.

Vor kurzer Zeit hatte ich allerdings ein Schlüsselerlebnis: ich lief gerade hinter der Bettlerin vorbei, das hörte ich, wie eine ältere Dame aus dem nahen Altersheim mit ihr sprach. Sie redete und redete, und keine Ahnung, ob die Frau am Boden sie verstand, sie schaute ihr zu und nickte. Das ist ja eigentlich eine echte Arbeitsstelle dachte ich. Und sicher ist der Stundenlohn gar nicht hoch genug dafür, dass sie jedem zuhören muss, der da vorbei kommt, und sicher sind auch nicht alle Leute nett zu ihr. Für die alten Leute ist sie ein Segen, denn da ist jemand, im realen Leben, der einfach da ist, und Zeit hat. Ich habe also für mich beschlossen, ihr jetzt hin und wieder doch etwas zu geben, möglichst in Naturalien.

Es gibt allerdings auch Leute, bei denen das Gute nicht kostenlos ist. Ein Beispiel ist eine ehemalige Freundin von mir. SIe und ihre Familie sind einigermaßen wohlhabend, und das ist ihnen wichtig. Sie definieren ihre Stellung dadurch, dass sie immer einige Menschen „unter“ sich haben, die sie mit wohltätigen Spenden versorgen. Anfangs haben wir noch alte Kleidung sehr günstig für die Kinder bei ihr gekauft, dann kamen hin und wieder ausrangierte Haushaltsgegenstände dazu, manchmal geschenkt, manchmal günstig abgelöst.

Das wir uns dafür allerdings nicht mehr gleichwertig fühlen sollten, bemerkte ich leider etwas zu spät. Als es mal eine Unstimmigkeit gab, wurde von uns erwartet, klein bei zu geben, und als ich versuchte, mit ihr zu reden, hieß es plötzlich, sie würde nichts mehr für mich tun.

Das war sehr seltsam für mich, denn ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass ich irgendwie in ihrer Schuld stehen würde. Ich überlegte lange und musste dann erst nachfragen, um herauszufinden, daß sie sich jedes einzelne Ding gemerkt hatte, was sie mir verkauft oder geschenkt hatte.

Ich war also völlig baff, und hatte auch nicht das Gefühl etwas verloren zu haben, denn ich hatte im Gegenzug viele Nachmittage damit verbracht, ihr zuzuhören, ein wenig beruhigend auf sie einzuwirken, wenn sie ihre Kinder zu sehr nervten und auch zu vermitteln, wenn sie über ihre Freunde lästerte.Ich kaufte auf Flohmärkten ihren Kindern Spielzeug ab, damit sie ein Erfolgserlebnis haben sollten und brachte ebenfalls kleinere GEschenke mit. Die hatte ich nur einfach komplett vergessen, da für mich unsere Beziehung gleichgestellt gewesen war.

Hier war also der Gedanke nicht „Gutes tun“ gewesen, sondern was eigentlich? Abladen von alten Dingen? Aufwertung des Egos? Eine verbogene Vorstellung von Freundschaft? Jetzt bin ich im Zentrum ihrer Lästereinen, und ich hoffe, sie hat immerfort eine Freundin, die positiv auf sie einwirkt.

So jemanden würde ich auch Putin wünschen, einen Vertrauten, der ihm sagen kann, was sonst keiner darf: die Wahrheit.

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